Reisebericht Fregatte SACHSEN -GOST -

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Reisebericht Fregatte SACHSEN -GOST -

Carl Rudolph Bromme Gesellschaft
Veröffentlicht von Ole Paffenholz in Algemein · 14 Oktober 2016


Sehr geehrter Herr Kaiser,

Am 24. August 2016 verließ Fregatte SACHSEN ihren Heimatstützpunkt Wilhelmshaven. Nach den erfolgreich absolvierten Manövern US-BALTOPS in der Ostsee, sowie dem Flugkörperschießen ,,Andoya 2016“ in Nordnorwegen, stand dieses Mal das wichtigste und fordernste Ausbildungsvorhaben für ein Kriegsschiff auf dem Programm, GOST.
Das German Operational Sea Training (GOST), gilt als Einsatzzertifizierung für Einheiten der Deutschen Marine, bevor diese in mandatierte Einsätze entsendet werden.





FGS SACHSEN & HMY BRITANNIA IN LEITH/EDINBURGH  
Um sich auf diese anspruchsvolle Ausbildung vorzubereiten, lief Fregatte SACHSEN bereits eine Woche früher aus Wilhelmshaven aus. Diese Woche wurde für Gefechtsdienst und interne Ausbildung genutzt, zu den Schwerpunkten gehörte dabei die Brandbekämpfung, die Leckabwehr und das Teambuilding. Dieser Prozess benötigt viel Anstrengung und Zeit. Zeit, die meine Besatzung brauchte und nutzte. Um einen Ausgleich für anstrengende Tage und Erlebnisse der Seefahrt zu schaffen, besuchte Fregatte SACHSEN nach dieser erfolgreichen Ausbildungswoche ihren ersten Hafen.

Edinburgh – Richtung Norden – und zurück

Ein Wochenende besuchte Fregatte SACHSEN die Hafenstadt Edinburgh, die mit knapp einer halben Million Einwohnern als zweitgrößte Stadt Schottlands zählt.
Dabei konnte sie wieder einmal als Repräsentant unseres Patenlandes dienen und lud zu einem Spitzenessen den Bürgermeister von Edinburgh, den ,,Lord of the City of Edinburgh“, Donald Wilson, sowie den Deutschen Botschafter in London, Herrn Dr. Peter Ammon ein.
Der Empfang hochgestellter Persönlichkeiten und Würdenträger zeigt die tiefe Verbundenheit unserer ausländischen Partner und Freunde mit der Deutschen Marine, als auch die Wichtigkeit unseres Berufes. So gelten wir Marinesoldaten nach wie vor als ,,Botschafter in Blau“ und tragen die Seele und den Geist unseres Landes mit unserem Erscheinungsbild und unserem Auftreten in weit entfernte Länder und Städte auf der ganzen Welt.

Am 29. August verließen wir Edinburgh und machte uns auf den Weg Richtung Norden zur Umrundung Schottlands. Die Reiseroute führte durch den Pentland Firth, durch Scapa Flow, einer ostgehenden Passage zwischen den Orkney Inseln und schließlich wieder durch den Pentland Firth auf die Westseite Schottlands in die Hebriden. Einen besonderen Höhepunkt bot das ,,Race of Corryvreckan“. Eine Meeresenge in der, durch Steinformationen und Gezeiten, Strömungen von knapp 14 Knoten (knapp 25 Kilometer km/h) gemessen werden können. Ein solches Naturspektal bekommt man nur selten zu sehen und bot für meine Besatzung die Möglichkeit die Geschwindigkeit und Geradlinigkeit unseres Schiffes erneut auf die Probe zu stellen und zu bewundern. Mit insgesamt 35 Knoten Fahrt (knapp 68 km/h) absolvierte die SACHSEN das ,,Race of Corryvreckan“ souverän und fuhr weiter durch die irische See in Richtung Süden und umrundete Lands End in Cornwall. Unser Ziel, das englische Plymouth.

Das German Operational Sea Training

Die Royal Navy bietet seit Jahrzehnten, basierend auf den Erfahrungen im Falkland-Krieg, das weltbeste Einsatzausbildungsprogramm für Kriegs- und Versorgungsschiffe an. Neben der Deutschen Marine nehmen dort u.a. regelmäßig Einheiten aus Portugal, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Spanien, Belgien, den USA und natürlich der Royal Navy an der Ausbildung teil.

Die Ausbildungseinrichtung wird aktuell durch Rearadmiral John Clink geführt, dem Flag Officer Sea Training.
Das Training übernehmen zumeist verdiente Soldaten der Royal Navy. Diese Ausbilder, die Searider genannt werden, gelten als absolute Spezialisten ihres Fachgebietes und werden nach dem Prinzip der Bestenauslese in das Ausbildungsprogramm berufen. Deutsche Ausbilder, sowie Soldaten aus anderen Nationen gehören ebenfalls zum Searider-Team des Admirals und helfen meiner Besatzung an den eigenen Fähig- und Fertigkeiten zu wachsen.

Das Szenario

Die Spiellage, unser äußeres Umfeld, spiegelt einen internationalen Konflikt wieder.Die Spiellage, unser äußeres Umfeld, spiegelt einen internationalen Konflikt wieder.
Das Land Britannica hat sich nach dessen Zerfall in fünf souveräne Staaten geteilt.
Ginger, der Aggressor in dieser Lage, erkennt die Unabhängigkeit der im Süden befindlichen Enklave Brownia nicht an und versucht dieses Gebiet durch militärische Attacken sowie das Verhängen eines Handelsembargos an sich zu reißen. Brownia kann sich aus eigener Kraft nicht gegen Ginger verteidigen und bittet die Vereinten Nationen um Hilfe. Wir, die Männer und Frauen unsere SACHSEN, werden in das Einsatzgebiet entsendet, um Sicherheit und Frieden in der Region wiederherzustellen.








Die Ausbildung

Trainiert und überprüft wurde meine Besatzung während des GOST sowohl in den Bereichen des inneren und äußeren Gefechtes, dem See- und Gefechtsklarzustand an Bord als auch beim Flugbetrieb sowie bei seemännischen Manövern.
Unter dem äußeren Gefecht versteht man die Luftabwehr, Überwasserseekriegsführung und U-Bootjagd. Gerade für den Bereich der Luftabwehr, wofür die SACHSEN konzeptioniert und erbaut wurde, bietet das Training in Großbritannien eine einzigartige Ausbildungsmöglichkeit.
Aubildungsflugzeuge der Royal Navy rasen im Tiefflug an unserem Schiff vorbei und simulieren den Einsatz gegnerischer Bombenangriffe und auf uns geschossene Seezielflugkörper. Eine Vorstellung, die wir alle nicht erleben möchten, auf die wir jedoch vorbereitet sein müssen.









Im Bereich der Jagd nach Unterseebooten, konnten wir auf einen starken und heimischen Partner zurückgreifen.
Eines der modernsten U-Boote der Welt stand uns für den Zeitraum von 2 Wochen zur Verfügung. U32 aus dem schleswig-holsteinischen Eckernförde war ebenfalls nach Plymouth gereist, um seine Besatzung zu trainieren und auf das anstehende NATO-Manöver ,,Joint Warrior 2016“ in Schottland vorzubereiten.
Das Trainieren mit realen U-Booten im Seegebiet ist nach wie vor selten. Dies liegt neben der geringen Anzahl von Unterseeboten, auch an deren zumeist verdeckten Aufträgen und Einsätzen. U-Boote agieren in großen Tiefen und nutzen das Überraschungsmoment um gegnerische Schiffe zu attackieren.
Meine Soldaten nutzten die Präsenz dieses Ausbildungsmittels hervorragend und konnten sowohl bei den Searidern, als auch bei der Besatzung von U32 einen im außergewöhnlichen Maße positiven Eindruck vermitteln.

Schiffsicherung, also die Bekämpfung von Feuern und das Bekämpfen von Wassereinbrüchen, betreffen einen jeden Marinesoldaten. Auch beim GOST kennzeichnen diese Bestandteile das innere Gefecht.
Auf vier Gruppenständen und in den Betriebsräumen verteilt kämpfte meine Besatzung unermüdlich für eine Schadensdezimierung oder Schadensbehebung im Schiff.
Dabei galt es nicht nur Schäden zu melden und zu bekämpfen, sondern auch verletzte Kameraden schnellstmöglich medizinisch zu betreuen und aus den Gefahrenbereichen zu bergen.
Wie wichtig die Inübunghaltung im Bereiche der Schiffsicherung ist, zeigte sich am 02. September 2016. Fregatte SACHSEN war im Marinestützpunkt Plymouth eingelaufen, als plötzlich der Feueralarm erklang. Mehrere hundert Seiten Papier waren in einer Versorgungslast in Brand geraten. Entstandene Rauchgase breiteten sich blitzschnell im gesamten Raum aus und in der Abteilung aus.
Durch vorangeganene Übungen, wobei den Soldaten das Bekämpfen des Feuers in Mark und Bein übergehen soll, konnte das Feuer sehr schnell gelöscht und ein Übergreifen auf angrenzende Räume verhindert werden. Keiner meiner Besatzungsangehörigen kam zu Schaden. Das zeigt wie wichtig das Training und die Inausbildungshaltung ist, da es zu jeder Zeit zu einem Ernstfall kommen kann.

Neben den Tätigkeiten an Bord, blieben auch Herausforderungen an Land nicht aus. Übungen wie das Force Protection Exercise und dem Disaster Relief Exercise forderten meine Besatzung in allen Grundfertigkeiten und darüber hinaus.

In der Force Protection Exercise ist die SACHSEN gezwungen den Hafen von Plymouth einzulaufen, um bordeigene Reperaturen durchzuführen. Das Sicherheitsrisiko für das Schiff und meine Besatzung ist dabei hoch. Die SACHSEN kann als Ziel eines terroristischen Anschlages nicht ausgeschlossen werden. Um die Sicherheit zu garantieren und die notwenidgen Reperaturarbeiten durchführen zu können, sichert meine Besatzung unser Schiff ab und befindet sich wenig später im höchsten Bereitschaftszustand.
Terroristen haben sich unter den Demonstranten getarnt und stürmen den Marinestützpunkt. Es liegt an den Männern und Frauen der SACHSEN ihre Kameraden und das Schiff zu verteidigen. Die Absicherung eines Schiffes im Auslandshafen übernimmt im Normalfall das Gastland oder wird durch eingeschiffte spezialisierte Kräfte des Seebattallions aus Eckernförde übernommen.
Selten werden Marinesoldaten in solche Situationen gebracht. Grund genug, diese zu beüben und darauf aufzubauen.

Im Disaster Relief Exercise befindet sich die SACHSEN in einem humanitären Hilfseinsatz. Ein Wirbelsturm hat die Gemeinde Bullpoint Village getroffen. Feuer brennen in den Straßen, Menschen sind getötet oder schwer verletzt, eine funktionierende Wasserversorgung und Elektrizität ist nicht mehr gegeben.
Bullpoint Village ist von der Außenwelt abgeschnitten worden. Die Kampfgemeinschaft SACHSEN hilft den Menschen dieser Stadt. Feuer werden gelöscht, Verletzte werden behandelt und der Grundbetrieb wird wieder hergestellt.

Vor Anker und vor der Kulisse von Plymouth endet der GOST. In einer finalen Musterung durch den Captain South, der für die Ausbildung hauptverantwortlich und dem Flag Officer Sea Training unterstellt ist, zieht er sein Fazit. Sechs harte Wochen, viel Arbeit und wenig Schlaf. Alles für die Einsatzbereitsschaft und die Kampfgemeinschadft der SACHSEN. Die Besatzung hat sich gesteigert. Sie tritt als Einheit auf und ist in der Lage sämtliche Situationen zu meistern.




Mit der Rückkehr in heimischen Gewässern und dem Einlaufen in den Marinestützpunkt Wilhelmshaven, endet für mich und meine Besatzung eine intensive knapp zweimonatige Seefahrt.
Eine Seefahrt, in der meiner Besatzung hervorragend auf den bevorstehenden Einsatz vorbereitet wurde. Mitte Dezember werden wir in Richtung Mittelmeer aufbrechen und unseren Platz in einem mandartierten Einsatz finden.
Dieser Einsatz wird unsere SACHSEN erneut fordern, wobei der Geist und die Seele des Patenlandes uns immer an die Heimat erinnern und uns Kraft geben wird, anstehende Herausforderungen professionell zu meistern.

Ihr
Ole Paffenholz
Fregattenkapitän und Kommandant
Fregatte SACHSEN


Fregatte SACHSEN im Pentland Firth



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